Die Matthäusschule als Zuhause der Abteilung 5/6 von 2010 bis 2013
Energetische Sanierung und ihre Folgen : Die Matthäusschule als neues Zuhause der Abteilung 5/6
Hildegard Steffens
Die schon lange fällige Sanierung des Schulgebäudes der GSW sollte im Jahr 2010 endlich konkret werden. In mehreren Konferenzen hatte das beauftrage Architekturbüro der Schulgemeinde Ablauf- und Fortschrittspläne vorgestellt. Es wurde deutlich, dass die Renovierung nicht mit voller Belegung durchgeführt werden konnte und ganze Etagen freigezogen werden mussten.
Da der Rat der Stadt Dorsten einige Jahre zuvor beschlossen hatte, die Matthäusschule auslaufen zu lassen, stand ein großer Teil des Matthäusschulgebäudes leer.
Nur aufgrund dieses Umstandes konnte im Schuljahr 2009/10 der Beschluss gefasst werden, ab August 2010 eine GSW – Dependance mit der Abteilung 5/6 in den Räumen der Matthäusschule zu bilden.
Der Schulleiter der Matthäusschule, Karl Scholle, führte Hans Kratz und mich durch die leerstehenden Gebäudeteile und schnell war klar, dass für den 5. und 6. Jahrgang genügend Klassenräume zur Verfügung stehen würden. Im Ostflügel der Schule wurde schon seit einigen Jahren nicht mehr unterrichtet. Dort war zwischenzeitlich ein privat geführtes Technikmuseum untergebracht worden und einige Räume wurden von verschiedenen Wulfener Vereinen genutzt. Im Nordflügel waren einige Klassenräume noch belegt, ab 2010 jedoch frei. Die Belegung der Fachräume für Technik, Naturwissenschaften und Hauswirtschaft sollte nach Absprache zwischen beiden Schulen erfolgen und auch für die Turnhalle gab es eine Lösung. Karl Scholle führte uns auch durch den Keller der Matthäusschule, hier sollten die Schüler ihre Fahrräder abstellen. Wir staunten über ein hervorragend ausgestattetes Fotolabor – was allerdings nicht mehr zeitgemäß war – und einen Luftschutzraum, welcher noch von den Zeiten des Kalten Krieges zeugte.
Wir hatten eine Perspektive!
Gemeinsam mit den Klassenlehrer*innen des zukünftigen 5. und 6. Jahrgangs wurde überlegt, unter welchen Bedingungen und mit welchen Regeln an der Matthäusschule gearbeitet werden konnte. Vieles musste noch geklärt werden.
1. Da gab es das unterschiedliche Stundenraster:
GSW: 60 Minuten ǂ Matthäusschule: 45 Minuten
Mit Rücksicht auf die Hauptschüler verzichteten wir auf den Gong zum Stundenschluss.
Für jeden Klassenraum wurden etwas größere preiswerte „Küchen“-Uhren angeschafft
und zum Ende der großen Pausen läutete ein Kollege mit einer Handglocke – wie ein
Pedell zu Kaisers Zeiten – den Beginn der nächsten Stunde ein.
2. Versorgung mit Essen:
In dem Pavillon auf dem Schulhofgelände der Matthäusschule richtete der Mensaverein
eine Ausgabestelle für Brötchen und kleine Snacks ein. Ebenso wurden dort einige
Sitzmöglichkeiten geschaffen.
Das Mittagessen sollten die Schüler*innen in der Mensa der Gesamtschule einnehmen.
Die Stadt Dorsten stellte für den Schülertransport zur Mittagszeit nicht mehr als 2 Busse
zur Verfügung. Circa 350 Personen mussten transportiert werden. Je 2 Klassen passten in
einen Bus. Nach einem ausgeklügelten Plan ging es zur GSW und am Ende der
Mittagspause wieder zurück zur Matthäusschule. Aufsicht führten i.d.R. die
Klassenlehrer*innen. An den AG-Tagen konnten viele Schüler*innen nach dem Essen
auch direkt in der GSW bleiben, denn mehrere AGs fanden dort statt.
3. Verkehrssituation
Die kleine Unterstellmöglichkeit an der Bushaltestelle B58 wurde durch eine
geschotterte Aufstellfläche erweitert. Der Wunsch, die Fußgängerampel anders zu
schalten, scheiterte an verschiedenen Zuständigkeiten (Stadt, Kreis, Land und Bahn
waren involviert!). So unterstützte uns in der ersten Zeit regelmäßig der Bezirksbeamte
Andreas Müller, der u.a. auch dafür sorgte, dass die Fahrradfahrer den Fahrradweg ein
kurzes Stück in der Gegenrichtung bis zur Einfahrt in den Dimker Weg benutzen durften.
Dafür war ein besonderes Verkehrsschild nötig.
4. Gemeinsamer Unterricht
Die Klassenräume für den GU wurden so verteilt, dass die Rollstuhlfahrer*innen
möglichst wenige Barrieren zu überwinden hatten und die Zahl der hierfür
anzufertigenden Rampen möglichst gering blieb. Drei GU-Klassen hatten einen kleinen
Nebenraum zur Verfügung, die 4. GU-Klasse bekam einen Differenzierungsraum im
Keller, die ehemalige Schülerbibliothek der Matthäusschule.
5. Bläserklassen
Als Probenraum für die Bläserklassen konnte die Pausenhalle der Matthäusschule
genutzt werden. Stühle, Schlaginstrumente und Klavier wurden dort untergebracht.
6. Arbeitsplätze für Lehrer*innen
Im ehemaligen Raucherlehrerzimmer der Matthäusschule sollte ein kleiner Aufenthalts-
und Kommunikationsraum für unser 5/6er-Kollegium entstehen. Einige Lehrer-
Arbeitsplätze zur Unterrichtsvorbereitung wurden im ehemaligen Nähzimmer
eingerichtet. Als Büroräume für Sekretariat und Abteilungsleitung wurde ein ehemaliger
separat liegender Klassenraum eingeplant und die entsprechenden elektrischen
Leitungen, Telefonanschlüsse und ein Internetanschluss wurden verlegt. Ein Nebenraum
für Arbeitsmittel wurde eingerichtet und mit einem Kopierer ausgestattet. Viele
Ausstellungsstücke des Technikmuseums, die sich vorher in diesem Bereich befunden
hatten, fanden einen neuen Ort im Konrad-Zuse-Museum, zu dem Hans Kratz Kontakt
aufgenommen hatte.
7. Pausengestaltung
Im Pavillon auf dem Schulhof der Matthäusschule entstand unter Leitung der
Sozialpädagogen Martin Pluszczewicz und Gregor Preis ein Spiele- und Klönraum, auch
ein Kicker konnte aufgestellt werden und für die Pausen konnten die Schüler*innen
Bälle, Springseile usw. ausleihen. Zum Ballspielen konnten die Schüler*innen einen
umzäunten Bolzplatz nutzen.
8. Der Vertretungsplan wurde in strenger Abstimmung mit dem Plan des Hauptgebäudes erstellt. Die an der Matthäusschule anfallenden Vertretungsstunden sollten überwiegend durch das Team 5/6 aufgefangen werden. Dafür wurde eine entsprechende Vertretungsreserve eingerichtet. Burkhard Möcklinghoff, Marco Kolks und Sandra Gövert mussten für Abstimmung und Kommunikation sorgen.
9. etc. …
Gegen Ende des Schuljahres 2009/10 waren die Planungen abgeschlossen, ein
Umzugsplan wurde erstellt. Es wurde entschieden, was mitgenommen und was
eingelagert werden musste. Kisten wurden gepackt und mit Aufklebern für den
jeweiligen Zielraum versehen. Ich schrieb Listen für Stühle und Tische und versah die
Zielräume mit den entsprechenden Gegenstücken, damit am 1. Schultag auch jeder
Schüler und jede Schülerin einen Sitzplatz im richtigen Raum hatte. Die Klassen des
neuen 6. Jahrgangs brachten auch schon einige Dinge aus ihren GSW-Klassenräumen in
ihre zukünftigen Räume im Ostflügel der Matthäusschule. Die Schüler des neuen 5.
Jahrgangs sollten die Klassenräume im Nordflügel erhalten. Gerd Dombrink ergänzte die
für den NW-Unterricht notwendigen Materialien und Geräte, er entsorgte auch
chemisches Material, welches längst nicht mehr den Sicherheitsvorschriften entsprach.
Reinhold Leeners durchforstete den Technikbereich.
Der 1. Schultag wurde mit Spannung erwartet. Klappte alles so, wie wir es geplant hatten?
Der von Burkhard Möcklinghoff ausgearbeitete Stundenplan musste eine logistische
Meisterleistung werden. Marco Kolks sollte als Organisationsmitarbeiter zukünftig an der
Matthäusschule tätig sein, Sandra Gövert übernahm das Sekretariat.
Der Umzug erfolgte in den letzten Wochen der Sommerferien, auspacken, einrichten …..
Am 1. Schultag fand jede Klasse ihren Klassenraum, jede Lehrerin und jeder Lehrer die richtige Gruppe. Vieles musste sich noch einspielen, aber bald stellte sich heraus, dass wir eine gute Gemeinschaft waren. Absprachen klappten, die Atmosphäre unter den Kolleg*innen war freundlich und gelöst. Man half sich gegenseitig, wenn etwas nicht so gut funktionierte. Wir stellten allerdings bald fest, warum die Stadt Dorsten dieses Gebäude aufgeben wollte: Als das Wetter kälter wurde und die Heizung nötig war, fiel diese sehr oft aus. Mehrfach musste unsere freundliche und kompetente Hausmeisterin Silvia Sprick der Heizung – auch mal mit einem Hammer – erst auf die Sprünge helfen.
Einige Schüler zeigten Allergiesymptome und gemeinsam mit Vertretern von Stadt und Gesundheitsamt musste der Ursache auf den Grund gegangen werden. Raumluftmessungen wurden vorgenommen und Hygienegutachten erstellt. Besonders im Ostflügel müffelte es, es war und blieb kalt und feucht. Wir bekamen zu spüren, dass dieser Gebäudeteil jahrelang nicht viel genutzt worden war und nur eine unzureichende Isolierung hatte. Dicke Pullis, „Zwiebellook“, häufiges Lüften – was in der Corona-Zeit Vorschrift werden sollte, mussten wir schon praktizieren. Und dann waren auch noch die Außentoiletten verstopft! Hatten zunächst einige einen Schülerstreich vermutet, so stellte sich bald heraus, dass die Abflussrohre durch das Wurzelwerk der Bäume durchsetzt und völlig marode waren. Eine größere Reparatur stand an.
Wir versuchten, mit Lebens- und Arbeitsfreude gegen die Unzulänglichkeiten anzugehen. Mit viel Engagement gestalteten die Klassen ihre neuen Räume. Wände durften neu gestrichen oder direkt bemalt werden. Für einige Klassenräume nähten Eltern neue Vorhänge. In jedem Klassenraum entstand so eine gute Lernatmosphäre. Die Flure wurden mit Ergebnissen des Kunstunterrichts geschmückt. Eine Ausstellung zu Tisa von der Schulenburg fand ihren Platz im 1. OG Ost. Langsam eroberten wir das Gebäude.
Zur Adventszeit stellte die Hausmeisterin einen geschmückten Weihnachtsbaum auf. Auch wenn die gemeinsame Weihnachtsfeier zum Jahresende entfallen musste, so gab es doch in jeder Klasse ein gemütliches Beisammensein. Auf den Fluren sorgten die Bläserklassen für eine festliche Stimmung.
Ein Highlight des 2. Jahres war sicherlich die Projektwoche. Da in diesem Schuljahr der Musikunterricht ausfallen musste, hatten sich viele Klassen des 6. Jahrgangs für ein Musikthema während der PROWO entschieden. Einige Klassen arbeiten zum Thema Römer. Es wurde römisch gekocht und liegend gespeist. Am Ende der Woche präsentierten die Schüler*innen ihre Ergebnisse in der Turnhalle.
Die Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen der Matthäusschule war problemlos, die Schüler*innen akzeptierten sich gegenseitig. Die Schüler*innen der Matthäusschule halfen auch schon mal z.B. ortsunkundigen Vertretungslehrer*innen, den richtigen Raum zu finden oder bei der Bedienung technischer Geräte aus dem Fundus der Matthäusschule.
Nach der Verabschiedung von Karl Scholle am Ende des Schuljahres 2010/11 wurden die letzten 35 Schüler der Matthäusschule auf die übrigen Dorstener Schulen verteilt, der 11. Jahrgang der GSW zog jetzt auch in die Matthäusschule ein.
Aus zwei geplanten Jahren an der Matthäusschule wurden drei. Waren die Eltern bei der Anmeldung ihrer Kinder zunächst noch skeptisch gewesen, wenn sie erfuhren, dass der Jahrgang 5/6 an der Matthäusschule unterrichtet werden sollte, so äußerten manche Eltern im 3. Jahr Bedauern, wenn sie erfuhren, dass der Unterricht in Jg. 5/6 ab dem nächsten Jahr wieder in den Räumen der Gesamtschule stattfinden sollte. Das kleinere System wurde als Chance für den Übergang positiv gesehen. Ebenso ging es einigen Kolleg*innen. In der kleineren Gemeinschaft konnten nach kurzen, schnellen Absprachen neue Unterrichtsideen entwickelt und ausprobiert werden. So entstanden z.B. die ersten Unterrichtseinheiten mit differenzierenden Kompetenzrastern und vieles mehr.
Am Ende des Schuljahres 2012/13 hieß es wieder: Einpacken!
In die Matthäusschule sollte die Montessori-Reformschule einziehen und ich führte
Herrn Arnd Rutenbeck durch das Gebäude.
Zum neuen Schuljahr 2013/14 sollten wieder alle Schüler*innen an der Gesamtschule
unterrichtet werden. Am vorletzten Schultag des alten Schuljahres brachten alle
Schüler*innen ihren eigenen Stuhl zu Fuß zum renovierten Gesamtschulgebäude.
Hans Kratz begrüßte jeden einzelnen Schüler und jede Schülerin am neuen Lernort. Wir waren endlich wieder angekommen.
Doch dann kam es wieder ganz anders!
In den Sommerferien feierten einige Jugendliche auf dem Dach der Gesamtschule ein
Grillfest. Das Dach brannte lichterloh. Durch das Löschwasser wurde die obere
Etage der GSW unbenutzbar gemacht.
Es mussten wieder Jahrgänge ausquartiert werden. Diesmal war es die gesamte
Oberstufe, die in die Matthäusschule umzog.