Sprach-Anekdote
Es muss in den achtziger Jahren gewesen sein. Der Unterricht war beendet, SchülerInnen hatten nach 16.ooh die Schule verlassen, die LehrerInnen auch, bis auf eine Deutschteilkonferenz mit den TeilnehmerInnen Johanna, Burkhard, Dietrich und ich; und es saß noch an seinem Schreibtisch unser Verwaltungsleiter, der - wenn die Luft rein war, d.h. wenn das Gebäude so gut wie leer war - sein Gebiss abzulegen pflegte, weil es ihn offenbar stark drückte.
Wir bereiteten im Lehrerzimmer noch eine Unterrichtseinheit über Werbesprüche bzw. Werbespots vor: Ein Mann biss herzhaft in einen grünen knackigen Apfel, man hörte deutlich das Knackgeräusch und auch das Abbrechen eines Apfelstücks, als die Zähne in den Apfel schlugen. Dann sagte der Beißer laut, genüsslich und mit deutlicher Artikulation: „Ich bin Gebissträger!“ Schade, dass ich die Intonation dieses Satzes nur beschreiben kann. Der Sprecher setzte das „Ich“ hoch an, deutlich betonte er die I-Laute, der gesamte Satz war im Sinne rhythmisierter Prosa vorgetragen: „Ích bìn Gebíssträger“.
Als wir uns noch über die Raffinesse dieses Spruchs unterhielten (und uns auch darüber amüsierten und ähnliche Sprüche formulierten), betrat unser Verwaltungsleiter unseren Raum, aufgeregt und zahnlos, und er keuchte, weil er rasch über die Treppe hoch gelaufen war, mit der typisch mümmelnden, schlecht artikulierbaren Stimme eines Zahnlosen, die im Konsonantenbereich, besonders bei s-, Zisch- und Verschlusslauten ins Nuscheln gerät: „Herr Tripptrap, Sie werden dringend ans Telefon gerufen!“ Gut, dass er sofort wieder den Raum verließ, denn wir konnten und wollten unser unbändiges Lachen nicht zurückhalten. Einer von uns sagte: „Er wár Gebissträger!“
Da fällt mir noch ein, dass wir vier, Johanna, Burkhard, Dietrich und ich, oft das Abitur- Prüfungsquartett gebildet haben. In den Besprechungen nach der jeweiligen mündlichen Prüfung haben wir oft schallend über unbeholfene, falsche oder „schräge“ Schüleräußerungen gelacht, offenbar so laut, dass der wegen einer anderen Abiturprüfung anwesende Schuldezernent aus dem Nachbarzimmer ganz energisch und verärgert rief: „Mehr Ruhe bitte! Wir sitzen hier in einer Abiturprüfung!“ Übrigens: Unser lautes Lachen hat sich bei der Notenfindung nie zum Nachteil des Schülers/der Schülerin ausgewirkt.
Wolfgang Tripptrap